San Francisco zeigt sich von seiner schönsten Seite. Die Morgensonne des 11. Juni strahlt ins Moscone Center West, dem traditionellen Veranstaltungsort Apples alljährlicher Entwicklerkonferenz. Bei Oliver Jeckel, Trainer und Consultant bei Brainworks, kommt dennoch keine Freude auf, weil sich bereits um 7 Uhr – drei Stunden vor Beginn der Keynote – eine große Schlange vor dessen Pforten bildet. Apple zufolge verfolgen mehr als 5000 Entwickler die Keynote. Dabei fällt auf –Thinkpad-Nutzer leuchten in dieser Umgebung wie ein Ethnologe unter Indianern – dass zahlreiche Ein- und Umsteiger mit Unix- und Windows-Code-Erfahrung unter ihnen sein müssen. Der Stimmung im Saal tut dies keinen Abbruch. Mit Snow Patrols Chasing Cars und anderen Top-Titeln aus dem iTunes Store wird die Menge rhythmisch auf Betriebstemperatur gebracht.
Kurz nach 10 gehen die Lichter aus. Wie im letzten Jahr gehört der Prolog dem „Hello-I-am-a-PC“-Darsteller. Er gibt dem Auditorium auf die bereits bekannte, charmante Art zu verstehen, dass sie nach Hause gehen könnten, da er, Steve Jobs, wegen des Erfolgs von Zune und Vista von seinem Posten zurück träte und die Firma dicht mache. In den tosenden Applaus hinein betritt dann das Original die Bühne. Er begrüßt die Community und beschwört die anwesenden Entwickler zugleich, ihre Fragen zu stellen, da Apple 1200 Ingenieure vor Ort habe. Nach einer Danksagung an Intels CEO Paul Ottellini für die beim Switch der Prozessorplattform geleistete Arbeit und einer Ankündigung von neuen Spielen für den Mac, kommt Jobs geradewegs zum Thema #1: Mac OS X 10.5 alias Leopard. Erscheinungstermin ist nach wie vor Oktober 2007. Alle Leopard-Versionen – von Basic bis Ultimate – werden 129 US-Dollar und vermutlich ebenso viel Euro in Euroland kosten. 10 der 300 neuen Features bringt Jobs den Anwesenden näher. Für diejenigen, die bereits vor einem Jahr der Keynote beiwohnten, sind allerdings nur drei Eigenschaften neu, nämlich der neue Desktop, Finder und Quick Look, eine Art Vorschau auf Finderebene. Die anderen Punkte: 64 Bit, Core Animation, Boot Camp, Spaces, Dashboard, iChat und Time Machine sind mehrheitlich bekannt. Der Schreibtisch bekommt ein grafisch aufwendig gestaltetes 3D-Dock und eine transparente Menüleiste. Hinter consistent window look verbirgt sich die seit langem geforderte Vereinheitlichung der Fensterdarstellung. Mit Cover Flow hält die aus iTunes bekannte Darstellung von Titeln/Dateien auf Finderebene Einzug. Ob der Finder schneller wird, lässt sich erst mit Erscheinen der finalen Version sagen.
Die traditionelle Zugabe wird mit dem Aphorismus „One more thing“ eingeleitet. Diesmal zaubert Apples CEO eine Betaversion von Safari für Windows XP und Vista aus dem Hut. Die zunächst vielfach in Frage gestellte Sinnhaftigkeit erklärt sich schließlich mit der zweiten Zugabe – der Ankündigung, dass Entwickler die Möglichkeit erhalten, auf der Safari-Engine basierende Applikationen für das iPhone schreiben zu können. Es ist zwar nur eine zweitklassige Lösung, da Web-2.0- und Ajax-basierte Anwendungen nicht so mächtig sein können wie beispielsweise das ins iPhone integrierte Google Earth. Damit wird deutlich, dass Apple einerseits Google eine exklusive Partnerschaft gewährt und andererseits für Entwickler auch außerhalb der Mac-Gemeinschaft eine Möglichkeit schafft, Anwendungen für das iPhone zu entwickeln.
Abschließend lässt sich zusammenfassen, dass es drei Themen gab: Leopard, Safari für Windows und das iPhone. Als Journalist ist man berufsbedingt selten mit der Nachrichtenlage zufrieden. Aber diesmal ging es auch etlichen Entwicklern so. Unter ihnen machte sich auch sonst einiger Unmut breit. Die Logistik war teilweise hoffnungslos überfordert. Vor etlichen Veranstaltungen kam es zu Schlangen, die man sich eigentlich nur beim Ticketvorverkauf von Championsleage-Spielen der Bayern vorstellen mag. Aber auch die Journalisten wurden an der kurzen Leine gehalten. Im Allgemeinen ist es bei einem solchen Event üblich, der Presse zum Verfassen der Nachrichten ein Pressezentrum einzurichten. Fehlanzeige. Auf eine diesbezügliche Nachfrage bekam Kollege und MACup-Autor Christoph Dernbach die etwas patzige Antwort: Gehen sie doch nach nebenan zu Starbucks. Sollte einmal mehr Erfolg mit Arroganz korrelieren?
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