WikiLeaks veröffentlicht heute (12.5) Protokolle aus zehn Monaten des laufenden 1. Untersuchungsausschuss des Deutschen Bundestag zu den NSA-Aktivitäten in Deutschland. Obwohl viele der Sitzungen technisch gesehen öffentlich sind, wurde die tatsächliche öffentliche Kenntnisnahme behindert, da die Protokolle zurück gehalten werden. So sind Aufnahmegeräte untersagt. Reporter werden zudem in aufdringlicher Weise durch die Polizei beobachtet.
WikiLeaks veröffentlicht 1380 Seiten Transkriptionen nicht eingestufter (öffentlicher) Sitzungen. Zu Wort kommen 34 Zeugen – einschließlich 13 namentlich geheimgehaltener Zeugen des Bundesnachrichtendienstes (BND). Die Transkriptionen umfassen die ersten Sitzungen des Untersuchungsausschusses im Mai 2014 durchgängig bis Februar 2015.
Mit dem Schlagwort nsa-untersuchungsausschuss versehen, finden sich Live-Protokolle aus dem Ausschuss bei netzpolitik.org.
WikiLeaks hat zudem zu jeder Sitzung sowohl auf Deutsch als auch auf Englisch eine Zusammenfassung erstellt, um dem internationalen Stellenwert dieses Themas Rechnung zu tragen. Der BND wird 1782 Mal erwähnt, die NSA 1671 Mal, die CIA 179 Mal, Edward Snowden 204 Mal und Bundeskanzlerin Angela Merkel 14 Mal.
Die veröffentlichten Transkriptionen dokumentieren darüberhinaus, wie die Abwesenheit einer vollständigen öffentlichen Dokumentation dazu geführt hat, dass Zeugen den Untersuchungsprozess missbrauchen. Mindestens drei Mal widersprechen die öffentlichen Aussagen eines Zeugen denen, die er in geheimen Sitzungen macht. Die Transkriptionen zeigen außerdem, dass die Möglichkeiten der Untersuchungskommission Zeugen sorgfältig und gewissenhaft zu befragen beschnitten werden durch umfangreiche Schwärzungen. In einem Fall wurde die Sitzung unterbrochen, weil der Zeugen ungeschwärzte Dokumente zur Vorbereitung erhalten hatte, während den parlamentarischen Mitgliedern des Ausschusses nur eine geschwärzte Version zur Verfügung gestellt worden war.
Einer der größten Skandale, der aus dem Untersuchungsausschuss bisher hervorging, ist der aktuelle „Selektoren“ Spionagezieleliste-Skandal: Ein BND-Mitarbeiter hat hier offen gelegt, dass vom BND erwartet wurde, auf Anweisung der NSA tausende von Zielen auszuspähen. Diese Ziele beinhalteten Mitglieder der französischen Regierung sowie der europäischen Industrie. Damit stellt sich die Frage, ob Deutschland geeignet ist, eine Führungsrolle in der Europäischen Union zu übernehmen. Es zeigte sich so auch, dass die der Öffentlichkeit als Anti-Terrormaßnahmen verkaufte internationale Kooperation bei Massenüberwachungen in Wirklichkeit von den Vereinigten Staaten auch für Zwecke der Industriespionage genutzt wird sowie um sich geopolitische Vorteile gegenüber Mitgliedern der Europäischen Union zu verschaffen. Die Kommission verlangte die Herausgabe der vollständigen „Selektorenliste“ von Zielen, die die NSA dem BND übergeben hatte. Der Kommission wurde mitgeteilt, dass zuerst die US um Erlaubnis für die (sogar vertrauliche) Herausgabe der Liste an die Kommission gebeten werden muss. Seitdem ( 6.5 ) werden Hinhaltetaktiken benutzt, die die deutsche Öffentlichkeit wie auch den parlamentarischen Untersuchungsausschuss jegliche Möglichkeit nehmen einzusehen, worauf es der eigene Geheimdienst abgesehen hat. ( wikileaks.org )