Medienkritik. Ausgerechnet das Fernsehen muss zugeben, dass es keine Relevanz mehr hat. Das sogenannte Interview mit dem korrupten Bundepräsidenten tickerte ab 18 Uhr über twitter, während das Fernsehvolk noch über zwei Stunden warten und darben musste. Die Sperrfrist für das spontane und kritische Interview war nicht zu halten. Der Präsident hingegen hält sich noch. Er tritt nicht zurück. Wegen des Amtes. Für eine Bilanz. Für das Amt: Christian Wulff ist der erste in diesem Amt, der sich selbst begnadigt.
Bevor es von den öffentlich-rechtlichen Anstalten de-publiziert wird:
Einzelheiten zum Interview mit Bundespräsident Wulff
Warum die Sperrfrist verändert wurde
Nach langem Schweigen hat Bundespräsident Christian Wulff abermals zu den Vorwürfen Stellung genommen – allerdings nicht in einer öffentlichen Pressekonferenz. Vielmehr entschied Wulff, sich in einem Interview den Fragen von Ulrich Deppendorf (ARD) und Bettina Schausten (ZDF) zu stellen.Ursprünglich war vorgesehen, dass das gesamte Gespräch um 19.00 Uhr veröffentlicht werden darf – für die ARD zunächst auf tagesschau.de. Um 20:15 sollte das Interview dann zeitgleich im Ersten und im ZDF ausgestrahlt werden.
Auf Initative des Bundespräsidialamtes wurde diese Sperrfrist im Nachhinein verändert, um andere Medienvertreter nicht zu benachteiligen: Ab 18:00 Uhr konnten Agenturjournalisten das Interview ansehen und daraus zitieren. Die Aufzeichnung wurde zu diesem Zeitpunkt auch an andere Medien gegeben, die dann bis zu drei Minuten Material aus dem Gespräch verwenden durften.
Das Erste sendete Auszügen aus dem Interview in einer Tagesschau-Extraausgabe um 18:25 Uhr, um 19:00 folgte eine Extraausgabe der Tagesthemen bei tagesschau.de und auf EinsExtra. Um 20:15 schließlich – dem Ende der gesetzten Sperrfrist – übertrug das Erste das Gespräch in voller Länge und veröffentlichte es im Internet.
Eine inhaltliche Absprache der Fragen fand nicht statt. Für den Gesprächsgast gibt es keine Möglichkeit, das Interview nachträglich zu verändern.
[ tagesschau.de ]