Hightech und Blech

Watch-Apps

Zum Start des App Store im Sommer 2008 gab es 500 Apps für das iPhone und die Frage, was man mit 500 Apps auf seinem Telefon machen soll. Jetzt gibt es 3000 Apps für Apple Watch und eine ähnliche Frage: Was kann man mit 3000 Apps auf einer Uhr machen? Alles? Nichts? Das kommt darauf an. Ohne Apple Watch jedenfalls nichts.

Auf jeden Fall ist wieder einmal Aufbruch-Stimmung in der Entwicklerszene. Wie bei den Goldgräbern gilt es den Claim abzustecken – auch wenn dieser nur 390 mal 312 Pixel groß ist. Beim 38mm-Modell sind es 340 mal 272 Pixel.
Die Apps der Medienpartner bekommen ihre Bühnenzeit bei Apple: Instagram, Yelp, New York Times und Twitter.
Die Apps der Industriepartner werden als Lösungen präsentiert. Amerikan Airlines vereinfacht das Boarding. Starwood Hotels öffnet Zimmertüren für den potenten Träger einer Apple-Uhr.
Die Review-Partner haben ihre Apps ebenfalls schnell fertig. In Deutschland sind dies Spiegel.de und BiLD.

Die meisten Apps verschwinden jedoch in der Bedeutungslosigkeit. Wie beim iPhone. Warum solle es bei der Apple Watch anders sein?
Apps auf der Watch sind jedenfalls noch sehr rudimentär. Eins. Punkt. Null. Es handelt sich um begleitende Apps, die auf eine Bluetooth-Funkverbindung zum iPhone angewiesen sind. Sei es zur Benachrichtigung, sei es um Programm-Bestandteile nachzuladen. Wie bei den ersten Safari-Web-Widget-Apps auf dem ersten iPhone haben die ersten Apps auf der Uhr mit konzeptionellen Einschränkungen seitens Apple zu kämpfen.

Viele Apps nutzen Apple Watch als zusätzlichen Bildschirm und als Fernbedienung. Tapbots erweitert die Taschenrechner-App Calcbot um einen Trinkgeldrechner für das Handgelenk. Platzbedingt lassen sich vier Umrechnungstabellen auf der Uhr unterbringen.

Lufthansa, Shazam, myTaxi und Runtastic sind die für Deutschland von Apple herausgestellten Apps der ersten Stunde. Noch freuen sich alle, denn es ist Aufbruch-Stimmung. Noch wirken die Apps ein wenig experimentell. Hauptsache in der ersten Welle dabei. Aber die Uhr braucht andere Apps, beziehungsweise einen neuen Ansatz, was der Nutzer am Handgelenk erledigen kann.

Apps mit Datenbanken in der Cloud (Evernote, Slack) brauchen zu lang, weil die Uhr erst beim iPhone fragen muss, ob die App den aktuellen State aus dem Internet beziehen mag.
Apps als Fernbedienung können im Einzelfall funktionieren. Zum Beispiel bei Keynote von Apple oder für Mediatheken, die auf dem iPhone liegen. Zum Beispiel mit Overcast dem ersten Podcast-Player mit Watch-App.

Watch Apps whose primary function is telling time will be rejected. [ App Store Review Guidelines ]

Zur WWDC werden Informationen für native Watch-Apps erwartet. Zusammen mit iOS 9 und dem nächsten iPhone dürfte am Herbst 2015 mit einer Verfügbarkeit zu rechnen sein. Die nächste Generation Watch Apps wird dann ebenfalls mit konzeptionellen Einschränkungen zu kämpfen haben: kein autarkes GPS, kein GSM, beschränkter Speicher, kleiner Screen.
Aber wahrscheinlich darf man es nicht vom iPhone her denken, sondern muss schauen, welche mobilen Anwendungen auf einer Uhr sinnvoll sind – abgesehen von der Uhrzeit, was Apple nicht zulassen würde.

Eine schlechte User-Experience durch eine schlechte App am Handgelenk könnte sogar der iOS-App gefährlich werden, wenn der Anwender sie wutentbrannt vom iPhone löscht.