#twittwoch im Netz. Zehn Tage vor Trump traf eine hochkarätige Delegation aus dem Silicon Valley in Peking auf den chinesischen Präsidenten Xi Jinping. Am 30. Oktober 2017 sprachen Mark Zuckerberg (Facebook), Tim Cook (Apple), Satya Nadella (Microsoft) und Masayoshi Son (Softbank) sowie Jack Ma (Alibaba) und Pony Ma Hua-teng (Tencent) zuvor bei einer Veranstaltung an der Tsinghua University School of Economics and Management [ ejinsight.com ].
Für einen Marktzugang ist zum Beispiel Apple bereit, VPN-Apps aus dem App-Store zu nehmen. Für Facebook steht außer Frage, dass man es in China mit dem Recht auf freie Meinungsäußerungen und dem Grundrecht auf freien Zugang zu Informationen nicht so ernst nehmen wird, wie anderswo gerne mal behauptet. Moralisch ist das allemal ein Dilemma für Facebook, Apple und die anderen, denn in China nutzen nun einmal die meisten Menschen das Netz mit der Wunderapp WeChat von Tencent.
Die Wunderapp WeChat errichtete längst den Staat im Staat im Reich der Mitte. Dienstleistungen finden, buchen und bezahlen – das läuft über die App. Freunde treffen. Mittagspause. Selfies. Das läuft über die App. Der Anbieter führt längst digitale Doppelgänger von allen Nutzern…
Digitale Doppelgänger gibt es auch bei Facebook. In sogenannten Schattenprofilen sammelt Facebook zusätzliche Informationen, deren es habhaft werden kann. Diese stammen zum Beispiel aus den Adressbüchern der Nutzer. Darin befinden sich auch Menschen, die Facebook ganz bewußt meiden. Facebook kennt sie trotzdem mit Wohnanschrift, E-Mail-Adresse, Job-Titel und Mobiltelefonnummer – um so besser, je besser die jeweiligen Adressbücher gepflegt sind [ gizmodo.com ].
Selbstverständlich gibt es auch rührende Geschichten der Familienzusammenführung, wenn Facebook das Kind eines Samenspenders findet oder bei der Geburt getrennte Zwillinge nach Jahrzehnten und über Landesgrenzen hinweg zusammenführt. Letztes Jahr schlug Facebook Psychiatrie-Patienten vor, sich mit anderen Patienten bei Facebook zu verbinden. Man könnte sich ja kennen, weil man den selben Seelenklemptner im Telefonbuch hat [ htub.de ].
Da Facebook ermittelt, wen wir kennen könnten, kann der nun in der Erprobung befindliche Content-Filter für Nacktbilder funktionieren und die Veröffentlichung unerwünschter Nacktbilder verhindern. Ja, richtig: Mit Nacktbildern von Anwenderinnen möchte Facebook eine unautorisierte Veröffentlichung von Nacktbildern verhindern. Man schickt sich selbst ein Bild im Messenger. Von diesen Bildern werde dann ein digitaler Fingerabdruck errechnet. Ein sogenannter Hash. Dieser mathematische Wert wird dann beim Upload von Bildern aus dem erweiterten Freundeskreis abgeglichen. Im Fall der Fälle möchte Facebook auf diese Weise eine unautorisierte Veröffentlichung bei Facebook oder Instagramm sowie einen Versand im Messenger verhindern. In Australien soll jede fünfte Frau von dieser Form des sogenannten revenge porn betroffen sein, so dass man sich wünscht, Facebook kann einen schützenden Schatten über diese Postings legen [ abc.net.au ].
Trotzdem sollte der moralische Kompass von Facebook neu justiert werden. Facebook bekommt die virtuelle Welt bei Facebook schon längst nicht mehr kontrolliert. Anstatt in Peking zu Kreuze zu kriechen, sollte sich Zuckerberg um Länder kümmern, in denen das Kind längst in den Brunnen gefallen ist [ foreignpolicy.com ].
Ins Blaue hinein
Facebook kann nicht mit der Welt umgehen, die es geschaffen hat. Die Site foreignpolicy.com liefert drei Beispiele:
- Myanmar: Buddhistische Nationalisten verschärfen die Gewalt gegen die muslimischen Rohingya – mit Facebook
- Thailand: Jatupat Boonpattaraksa wird verhaftet, nachdem BBC eine Reportage über das Königshaus bei Facebook bewirbt und – ganz im Sinne von neutralem Journalismus, auch einen Kritiker am König zu Wort kommen lässt – bei Facebook
- Kambodscha: Journalistische Inhalte werden den Nutzern in einem zweiten Feed angezeigt und sind – dank Facebook – quasi nicht mehr sichtbar
Dabei muss man gar nicht mal in die Ferne schweifen. Auch in Deutschland gibt es den Porsche-Lehrling, der über eine fremdenfeindliche Äußerung bei Facebook seinen Ausbildungsplatz verloren hat.
Auch in Deutschland gibt es eine Partei, die sich in geschlossenen Foren bei Facebook radikalisiert. Gelegentlich kocht die braune Soße über. Dann möchte niemand die Scheiße wegspülen.
Auch in Deutschland gibt es Hausdurchsuchungen auf der Grundlage von Facebook:
NEWS: Soeben stand die Polizei Hannover vor meiner Haustür. Es wurde ein zweites Verfahren wegen eines facebook-posts gegen mich eröffnet. Ebenfalls angestrengt von der Polizei Hamburg. Ebenfalls wegen G20. Weitere Infos folgen, sobald ich den Sachverhalt selbst prüfen konnte.
[ Roman Denter ]
Doch tief im Inneren möchte Facebook sauber und nett sein und den Nutzer von Irritationen und Widersprüchen fernhalten. Deswegen werden allzu kritische Geister in ihrer Reichweite beschnitten. Netzpolitik.org hat drei Fälle von Erdogan-Skeptikern und Türkei-Kritikern:
- Kerem Schamberger verlor seit September 5.000 Freunde und Abonnenten
- Kurdische Nachrichten 24 verliert 3.000 Follower pro Monat
- Özlem Alev Demirel schwinden ebenfalls die Follower
Betroffen sind Accounts, die kritisch über die Türkei schreiben. Facebook wehrt sich gegen den Vorwurf der Zensur und spricht von Maßnahmen gegen Fake-Accounts in deren Followerschaft. Doch dahinter stecken echte Menschen [ netzpolitik.org ].
Echte Menschen wecken bei Sean Parker das schlechte Gewissen. Zu Wort kommen Interna. Er gründete dereinst Napster und diente später im Aufsichtsrat bei Facebook. Laut Parker nutzt Facebook gezielt menschliche Schwächen aus, mit dem Ziel so viel Aufmerksamkeit und Nutzungszeit wie nur eben möglich an Facebook zu binden:
That means that we needed to sort of give you a little dopamine hit every once in a while because someone liked or commented on a photo or a post or whatever … It’s a social validation feedback loop … You’re exploiting a vulnerability in human psychology … [The inventors] understood this, consciously, and we did it anyway.
[ Sean Parker ]
Facebook sieht es halt technisch. Dabei ist man längst für viele Menschen bei Facebook ein Medium. Manchmal das einzigste Medium. Es wird Zeit, dass sich Facebook seiner menschlichen Verantwortung stellt.
Und sonst so?
Twitter überdenkt die Verifikation von Nutzern, nachdem der Dienst Jason Kessler, @TheMadDimension, verifizierte und somit einen der Organisatoren der Far-Right Rally in Charlottesville, Virginia, United States, am 11. und 12. August 2017, mit einem blauen Häkchen versah.
Verification was meant to authenticate identity & voice but it is interpreted as an endorsement or an indicator of importance. We recognize that we have created this confusion and need to resolve it. We have paused all general verifications while we work and will report back soon
[ @TwitterSupport, 9.11 ]
Jetzt sollen verifizierte Nutzer diesen Status wieder verlieren können, wenn Verstöße gegen die jüngsten Direktiven rund um die neuen Umgangsformen bei Twitter augenscheinlich werden [ htub.de ].
axios.com: Bloomberg startet am 18. Dezember 2017 ein neues Twitter-Netzwerk, an dem sich Goldman Sachs, Infiniti, TD Ameritrade, CA Technologies, AT&T und CME Group mit jeweils 1,5 bis 2,5 Millionen US-Dollar beteiligen.
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