News-of-the-World-Special. Kann man es glauben, dass Mitarbeiter eines Geheimdienstes gewissermaßen auf Außentermin in ihrem Sujet eine Arbeitsprobe abliefern und das Arbeitsgerät eines mündigen Journalisten bei einer freien Redaktion zerstören lassen?
Der Guardian berichtet in seiner gestrigen (20.8) gedrucken Ausgabe, Mitarbeiter des GCHQ hätten im Keller des Verlagshauses persönlich überwacht, wie ein MacBook Pro zerschmettert wurde. Auf diese Weise sollten Journalisten des Guardian eingeschüchtert und zur Herausgabe der Daten, die der ehemalige NSA-Mitarbeiter Edward Snowden verraten haben soll, bewegt werden.
Diese Vorgänge ereigneten sich bereits im Juni nach den ersten Enthüllungen über Prism und die Datensammelwut der Dienste. Laut Alan Rusbridger, dem Chefredakteur des Mediums, sollte so Druck ausgeübt werden auf den leitenden Redakteur Glenn Greenwald, dessen Lebensgefährte am Wochenende für neun Stunden am Flughafen Heathrow festgehalten und verhört wurde. Vermutlich auch, um an Daten auf einem Laptop heranzukommen.
Nach neueren Informationen soll sogar der Regierungs-Chef David Cameron persönlich in den Einschüchterungsversuch involviert sein. Ich denke, man soll glauben, dass Geheimdienst-Mitarbeiter doch irgendwann vor der Tür stehen – damit man merkt: Es ist real. Die Überwachung ist real.
Update zur ersten Veröffentlichung: Bei der Faz sieht man den Guardian auch etwas kritisch und bringt – nicht ganz ohne Neid – einen neuen Gedanken in die Dabatte ein, nämlich den von der Vermarktung von Journalismus.
Der Druck, den digitalen Apparat mit immer neuen Auf- und Anregern zu füttern, hat die guten Sitten verdorben. Schon als der „Guardian“ im Besitz der Wikileaks-Daten war, wurden sie fein portioniert. Das Material, das Snowden angeschleppt hat, verarbeiten Spezialisten nun nach reinen Marketing-Erwägungen. Informationen, die die Redaktion immerhin als „öffentlichkeitsrelevant“ einstuft, werden aus letztlich kommerziellen Gründen zurückgehalten. Man stelle sich die Empörung der Redakteure vor, würde eine Behörde ähnlich verfahren. [faz]