tech

Projekt ÖRR-Reform mit mehr Geld

Berlin Alexanderplatz

Die Ministerpräsidenten der Bundesländer möchten den Öffentlich-Rechtlichen-Rundfunk (ÖRR) in Deutschland reformieren. In einer ersten politischen Vorgabe seit 20 Jahren soll das Angebot der Sender ARD, ZDF und Deutschlandfunk quantitativ schrumpfen aber qualitativ ausgebaut werden. Strittig ist jedoch noch die Höhe des Rundfunkbeitrages, der auf fast 19 Euro pro Monat steigen soll.

Die Sender nahmen vergangenes Jahr durch den Rundfunkbeitrag über neun Milliarden Euro ein und sie möchten noch ein bisschen mehr – auch für den Umbau. Mit der Reform werde nicht mehr so viel Geld benötigt, daher könne auf die turnusmäßig anstehende Erhöhung verzichtet werden – so das Gegenargument. Die Art und Weise, wie der Beitrag berechnet wird, soll sich ebenfalls ändern. Darauf einigten sich die Ministerpräsidentinnen und Ministerpräsidenten am Freitag (25.10) nach ihrer dreitägigen Konferenz.

Durchsetzen konnte der Bundesverband Digitalpublisher und Zeitungsverleger (BDZV). Als Lobby der Zeitungsverleger kämpfen Vertreter der Herausgeber seit Jahren gegen Texten in den Online-Angeboten von tagesschau.de, sportschau.de und heute.de. Hier geht es um den Begriff der Presseähnlichkeit. Das ist den Sendern verboten und so müssen Online-Texte in Zukunft sendungsbegleitend sein.

Der BDZV liest in den presseähnlichen Texten des öffentlich-rechtlichen Rundfunks die beitragsfinanzierte Konkurrenz. Erschreckend ist aber, dass der Verband der Verleger – allesamt gestandene Journalisten – nach 30 Jahren immer noch nicht begriffen haben, wie Journalismus im Internet funktioniert.

Am 25. Oktober 1994 ging der SPIEGEL als weltweit erstes Nachrichtenmagazin ins World Wide Web. Die Website wurde zum Treiber eines Prozesses, der die Medienlandschaft von Grund auf verändern sollte.
[ Frank Patalong ]

Noch erschreckender ist, dass Politiker dem BDZV in seiner Argumentation folgen. Wenigere Online-Texte bei ARD und ZDF führten zu vermehrt abgeschlossenen Digital-Abos bei den Verlegern, die dem ÖRR relativ direkt eine Mitschuld an der Zeitungskrise und Medienkrise geben. Laut Reuters Digital News Report 2024 sind lediglich 13 Prozent der Befragten bereit, für digitale Angebote zu zahlen.

Deutschsprachige Angebote sind schlichtweg nicht konkurrenzfähig. Die Abo-Preise sind überzogen, die Gestaltung alt-backen und inhaltlich nicht progressiv genug. Im Internet finden die Informationen ihren Weg selbständig. BBC, The Guardian und New York Times sind regelmäßig aktueller und schneller – sogar für Nachrichten, die Deutschland betreffen. In modernen Browsern ist die Übersetzung nur einen Rechts-Klick entfernt.

Der Bundesverband Digitalpublisher und Zeitungsverleger (BDZV) und der Medienverband der freien Presse (MVFP) begrüßen, dass die Bundesländer auch die Textangebote der Rundfunkanstalten eindämmen wollen.
[ bdzv.de ]

Die Anstalten von BR, HR, MDR, NDR, Radio Bremen, RBB, SR, SWR und WDR sowie Deutsche Welle sollen künftig jeweils vier Hörfunkprogramme plus eines pro sechs Millionen Einwohner im Sendegebiet ausstrahlen. Entscheiden sollen das die Sender selbst. Aber wie? Nach welchen Kriterien soll die Verwaltung sich selbst reduzieren?

Bei den TV-Formaten sollen von vier Spartensendern für aktuellen Informationen ARD-Alpha, ZDF-Info, Tagesschau 24 und Phoenix zwei erhalten bleiben. Im Jugendprogramm werden ZDF neo und One zusammengelegt. Kika und Funk bleiben erhalten. Die Inhalte vom Kultursender 3Sat sollen im deutsch-französischen Gemeinschaftssender Arte aufgehen. Nicht zuletzt sollen die Bezüge der Intendanten – Tom Buhrow (WDR) bekommt 413.000 Euro plus Ruhegeld im Alter – sich orientieren an der Vergütung des öffentlichen Dienstes; Änderungen, die sich kaum im laufenden Verhältnis umsetzen lassen.

Die Ausgaben für Sportberichte sollen auf fünf Prozent der Gesamtausgaben von ARD und ZDF gedeckelt werden. Die Sender haben die Lizenzen für 30 weitere Fußballländerspiele der Männer bereits vor einem Jahr erworben. Auch die Spiele der Frauen zeigen ARD und ZDF auf absehbare Zeit. Das reicht bis 2028.

Die TV-Rechte für Bundesliga-Spielzeiten 2025/26 bis 2028/29 werden ab dem 25. November 2024 vergeben. Finanziell sind dem ÖRR die Hände gebunden, wenn die Sendeanstalten die Reformvorhaben begrüßen. Juristisch sind sie es nicht, weil die Reform erst im Sommer 2025 greifen soll und zudem an der – vertagten – Gebührenerhöhung hängt.

, , , , ,

Noch keine Kommentare.

Kommentar verfassen

Diese Website verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre mehr darüber, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden.

Powered by WordPress. Designed by Woo Themes

%d Bloggern gefällt das: