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Neue Abgasgrenzwerte

Der deutsche Autismus (hohe Luft Magazin 6.2017)

Der deutsche Autismus (hohe Luft Magazin 6.2017)

Dieselgate. Alte Verbrauchswerte und neue Abgasgrenzwerte bringen das Thema Dieselgate wieder auf die Agenda. Und zu allem Überfluss muss Volkswagen jetzt einen Sonderermittler einsetzen. Gegen den hat sich das Unternehmen fast zwei Jahre gewehrt:

Seit Mitte 2016 fordern Aktionärsschützer, dass ein unabhängiger Prüfer die VW-Affäre aufklärt. Nun hat aber das Oberlandesgericht Celle ihnen recht gegeben. Dem Volkswagen-Konzern drohen unangenehme Nachforschungen.
[ spiegel.de ]

BMW, Mercedes und Porsche müssen zusammen rund 54 Millionen Euro Strafe in Südkorea zahlen. Grund sind gefälschte Abgastests und Verstöße gegen Abgasregeln, erklärte das Umweltministerium in Seoul. Es will zudem den Verkauf mehrerer BMW-Modelle stoppen [ tagesschau.de ].

Allerdings hat die Industrie in Deutschland trotz Dieselgate keineswegs ihren Einfluß auf die Politik verloren. Das kann man zum Beispiel bei den Sondierungsgesprächen zur sich abzeichnenden Jamaika-Koalition aus CDU/CSU, FDP und den Grünen sehen. Klimaschutz sieht dort so aus, dass vor allem die Industrie vor schlechtem Verhandlungsklima geschützt wird.
Eine grüne Forderung besteht darin, ab 2030 keine Verbrennungsmotoren mehr auf die Straße zu lassen. Vergleichbare Festsetzungen stehen bereits bei vielen europäischen Nachbarn. Während Christian Lindtner (FDP) keinen polnischen Kohlestrom importieren möchte und lieber westfälische Braunkohle verstromt, greift Alexander Dobrindt als Verkehrsminister und Vorgesetzter des Kraftfahrtbundesamtes und Verhandlungsführer für die CSU in den Sondierungen die Grünen direkt an:

Wenn man Schwachsinnstermine abräumt, dann ist das ja noch kein Kompromiss.
[ Alexander Dobrindt ]

Dabei forderte Markus Söder (CSU) als CSU-Generalsekretär bereits 2007 ein Verbot für Autos mit Verbrennungsmotoren ab 2020:

Ab dem Jahr 2020 dürfen nur noch Autos zugelassen werden, die über einen umweltfreundlichen Antrieb verfügen.
[ Markus Söder ]

Das Archiv ist die Rache des Journalisten. Trotzdem wird es auch 2030 noch Verbrennungsmotoren – auch in Kraftfahrzeugen – geben. Denn nun legt die EU-Kommission mögliche Abgasgrenzwerte fest, die bis 2030 für neue Fahrzeuge einzuhalten sind. Bezogen auf 2021 sollen die Grenzwerte für CO2 um 30 Prozent gesenkt werden.

The CO2 emission reduction targets the Commission proposes today are based on sound analysis and broad stakeholder involvement, from NGOs to industry. Both for new cars and vans, the average CO2 emissions will have to be 30% lower in 2030, compared to 2021.
[ ec.europa.eu ]

Bis 2021 dürfen alle neu zugelassenen Pkw in der EU im Schnitt maximal 95 Gramm CO2 pro Kilometer ausstoßen. Dies entspricht einem durchschnittlichen Verbrauch von 3,6 Liter Diesel beziehungsweise 4,1 Liter Benzin. Neun Jahre später sollen es dann 30 Prozent weniger sein: 67 Gramm CO2 pro Kilometer. Bis 2030 wird das 3-Liter-Auto zum Standard.

CO2-Bilanz pro Autoleben

Große Elektroautos sind kleinen Benzinern in der CO2-Bilanz (noch) unterlegen

50 Gramm CO2 pro Kilometer entsprechen 2,1 Liter Benzin oder 1,9 Liter Diesel.

Allerdings werden diese Standards gleich mehrfach verwässert, denn es handelt sich um einen Flottenverbrauch, der ab 2025 bei einer Quote von 15 Prozent an emissionsfreien Fahrzeugen und ab 2030 bei einer Quote von 30 Prozent Elektroautos auch höher ausfallen darf. Für jeden Hersteller werden im Rahmen der Marktüberwachung mittels Verbrauchsmessgeräten in den Fahrzeugen die tatsächlichen Emissionen veröffentlicht werden.
Zusätzlich wird der Flottenverbrauch gewichtsbezogen berechnet. Fahrzeuge, die schwerer sind als das durchschnittliche Gewicht aller Fahrzeuge einer Flotte dürfen anteilig mehr CO2 pro Kilometer ausstoßen [ PDF ]. Hinzu kommen noch Sonderregelungen für kleine Hersteller, von denen insbesondere Sportwagenanbieter mit eigener Konstruktionsabteilung profitieren: Lotus, Maserati, Ferrari, Bentley und Aston Martin sowie wahrscheinlich auch AMG.

Dafür sind ab dem 1. September 2018 die Verbrauchswerte unter realistischeren Bedingungen als auf Prüfständen und mit für Prüfstände optimieren Fahrzeugen zu ermitteln.
Ab 2019 wird zudem eine Strafzahlung von 95 Euro pro Gramm über dem Grenzwert von 95 Gramm CO2 pro Kilometer und Fahrzeug eingepreist und vom Hersteller zu zahlen, der es auf den Kunden umlegen wird.

Überdies sind seit Jahren die realistischen Verbrauchswerte im Schnitt 42 Prozent höher als von den Herstellern angegeben, so dass insbesondere die deutsche Autoindustrie mit eher großen, schweren und schnellen Fahrzeugen unter Druck geraten wird [ vcd.org ].

Die einfache Lösung werden kleinerer Hybrid-Fahrzeugen sein, die in den Volumen-Modellen der Golf-Klasse und bei den beliebten Kompakten-SUV, zum Standard werden. Diese Fahrzeuge senken den Flottenverbrauch für die Fahrer von Dienstwagen, die sich dann gar nicht mal so viel ändern müssen.

Erst, wenn die deutschen Autobauer ein Tempolimit von 130 für die deutschen Autobahnen fordern, kann man von ernsthaften Verbesserungen ausgehen.

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