Überwachung durch Biometrie. Wer kennt es nicht? Es ist Sonntagmorgen und zum Frühstück gehört Toastbrot. Und wie die frisch geröstete Scheibe Weißbrot da so aus dem Toaster schnellt, glaubt man seinen Augen nicht zu trauen. Auf dem Toast ist eindeutig das Gesicht von Jesus zu erkennen. Eindeutig. Mindestens einmal im Jahr wissen die Medien von entsprechenden Sichtungen zu berichten. Jesus auf Toast. Jesus in Käse und Jesus als Schaumbild auf dem Cappuccino. Es geht um Gesichtserkennung und um Überwachung durch Biometrie.
Als Projekt des Bundesinnenministeriums wird ab Herbst 2017 automatisierte Gesichtserkennung mit Bahn-Reisenden am Bahnhof Berlin Südkreuz getestet.
Der Test soll demnach bis zu sechs Monate dauern und sich auf eine Datenbank mit Fotos von Freiwilligen stützen. Diese Bilder sollen dem Abgleich mit Kameraaufnahmen dienen. Der Test ist Teil des Projekts Sicherheitsbahnhof Berlin Südkreuz, an dem das Bundesinnenministerium, die Deutsche Bahn, die Bundespolizei und das Bundeskriminalamt beteiligt sind.
[ rbb-online.de ]
Für personalisierte Werbung setzt die Post in 25 Filialen eine Gesichtserkennungs-Software ein.
Dabei erfasst eine Gesichtserkennung Metadaten der Kunden wie Alter und Geschlecht. Die Software speichert dann beispielsweise „Weiblich, zwischen 20 und 30 Jahre alt“. Was die Post glaubt, was eine Frau zwischen 20 und 30 an Produkten interessiert, flackert über den Infotainment-Bildschirm. Über den Einsatz der Gesichtserkennungssoftware werden die Kunden aber nicht informiert. Die Post will auch nicht sagen, in welchen Filialen die Technologie eingesetzt wird.
[ abendzeitung-muenchen.de ]
Und nun gibt es auch noch den
VERORDNUNG DES EUROPÄISCHEN PARLAMENTS UND DES RATES
über ein Einreise-/Ausreisesystem (EES) zur Erfassung der Ein- und Ausreisedaten sowie der Einreiseverweigerungsdaten von Drittstaatsangehörigen an den Außengrenzen der Mitgliedstaaten der Europäischen Union und zur Festlegung der Bedingungen für den Zugang zum EES zu Gefahrenabwehr- und Strafverfolgungszwecken und
zur Änderung der Verordnung (EG) Nr. 767/2008 und der Verordnung (EU) Nr. 1077/2011 [ pdf ]
Demnach will die Europäsiche Kommission aus der Schengen-Datenbank, die es schon gibt, die größte Datensammlung mit biometrischen Daten machen, weil jeder Eintritt in den Schengen-Raum biometrisch erfasst werden soll. Auch, wenn man als EU-Bürger einreist. Dabei ist es eine Auflage im Passgesetz, dass die Biometrie-Daten aus den Pässen nur zur Verifizierung genutzt werden dürfen. Jetzt sollen sie gespeichert werden.
Im nächsten Schritt werden Polizei-Dienststellen auf diese Datenbanken zugreifen und dann gesuchte Personen am Bahnhof in Berlin erkennen können.
Dabei muss man sich von der Romantik verabschieden, dass in der Überwachungszentrale ein Mensch am Monitor sitzen wird. Vielmehr wird der Computer die Erkennung übernehmen, Bewegungsprofile erstellen und – bei gesicherten Zielen – entsprechend Alarm geben.
Allerdings muss man auch wissen, dass das FBI eine Gesichtserkennungs-Datenbank aufgebaut hat, in der bereits jeder zweite Amerikaner erfasst ist – viele übrigens ohne ihre Zustimmung gegeben zu haben. Noch leistet sich der Computer eine falsche Trefferquote von 15 Prozent und überwiegend bei afro-amerikanischen Gesichtern [ theguardian.com ]. Die Angst vor dem schwarzen Mann ist quasi in die Software eingebaut. Wenn das Jesus wüsste? Der soll ja auch eher einen dunklen Teint gehabt haben.
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Dezember 2017: Von enormem polizeilichen Nutzen sei das System zur Gesichtserkennung am Sicherheitsbahnhof Berlin Südkreuz. Aufgrund der positiven Zwischenergebnisse haben die Bundespolizei und das Bundesministerium des Innern entschieden, den Test über den 31. Januar 2017 hinaus fortzusetzen. Weitere sechs Monate lang soll dann der mögliche Einsatz der Gesichtserkennungssysteme noch realistischer als bisher simuliert werden [ bmi.bund.de ].
Statistisch scheint die Installation jedoch nicht geeignet, weil die Zahl der False-Positives – also die zu Unrecht erkannten – nicht genannt wird. Ihre Erkennungsrate liegt bei 70 Prozent mit einer Fehlerquote von unter einem Prozent.