Elections 2016. Wenn in den USA gewählt wird, dann sieht die gesamte Welt zu. Denn es handelt sich um die größte Demokratie.
Allerdings sieht man auch die strukturellen Defizite. Das fängt mit dem Wahltag an. Es ist ein normaler Werktag. Nicht jeder hat die Möglichkeit, vor oder nach der Arbeit noch wählen zu gehen. Nicht jeder bekommt frei für die Wahl. Ein weiteres Defizit sind die Wählerlisten, auf die Bürger sich mitunter frühzeitig setzen lassen müssen. Das regeln die Bundesstaates der USA nicht einheitlich. In einigen Staaten kann man sich am Tag der Wahl noch einschreiben ins Wählerverzeichnis. Ein drittes Defizit sind bewußte Fehlinformationen, die den politischen Gegner von der Wahlurne fernhalten sollen. So hält sich hartnäckig das Gerücht, man brauche eine Drivers Licence, wenn man wählen möchte. Dabei ist die Fahrerlaubnis nur eines von mehreren möglichen amtlichen Dokumenten.
Und dann gibt es noch die üblichen verwalterischen Tricks wie Erreichbarkeit und Öffnungszeiten der Wahlbüros, Größe der Wahlkreise und Ausstattung in den Wahlräumen. Zwar heisst es, die diversen Wahl-Computer-Systeme in den USA seien technisch so exotisch, dass man die Systeme quasi nicht hacken und beinflussen könnte, aber auf der anderen Seite musste sogar schon Microsoft zugeben, dass ihr Wahlcomputer den Willen der Wähler nicht korrekt erfasst. Und als Novum werden die USA erstmals Russland offiziell vor, die Wahl in den Vereinigten Staaten durch Hackerangriffe beeinflussen zu wollen.
Und dann handelt es sich bei den Wahlen in den USA keineswegs um eine direkte Wahl. Das Volk wählt Wahlmänner in ein Electoral College ( 538 Mitglieder aus 50 Bundesstaaten ), die ihrerseits den Präsidenten wählen. So benötigt ein Kandidat mindestens 270 Stimmen, um zum Präsidenten gewählt zu werden. Wahlmänner werden nach einem Bevölkerungsschlüssel pro Bundesstaat vergeben. Dabei gilt das Prinzip The Winner takes it All, durch die einfache Mehrheit werden alle Wahlmänner dem führenden Kandidaten zugeteilt. So ist es möglich, dass ein Präsident die Mehrheit der Wahlmänner hinter sich vereinen kann, ohne von der Mehrheit der Wähler in den USA gewählt worden zu sein.
Die letzten Umfragen sehen Hillary Clinton mit zwei bis vier Prozentpunkten vor Donald Trump. Zwei Prozent. Das sind eigentlich übliche statistische Ungenauigkeiten, so dass man sagen müsste: Mit den Mitteln der Meinungsforschung kann man derzeit keine Vorhersage über den Ausgang der Wahlen in den USA treffen. Doch zum Glück kann man heute nacht die Wahlen live im Internet verfolgen. Zum Beispiel bei der Zeitung nytimes.com oder bei election.twitter.com
Bei aller gebotenen Neutralität: Hillary wäre ganz eindeutig die bessere Präsidentin als The Donald. Der Wahlkampf setzte neue Maßstäbe. Politische Gegner werden nicht mehr in der argumentativen Auseinandersetzung gestellt, sondern vom Populismus an den Pranger gestellt und mit Hass getrieben. Und zum ersten Mal spürt der angry white man, dass wahrscheinlich die Frauen im Land den Ausgang der Wahl bestimmen werden: Pussy grabs back. Und bis zum Ergebnis kann man noch lesen, welchen Einfluß Twitter und Technik auf die Politik und die Wahlen nehmen und hatten.