Fucking Friday. Vor einer Woche sah es noch so aus, als würde aus der Ehe für alle ein massives Wahlkampfthema werden. Nun ist sie beschlossen. Das ist ein Sieg der Liebe.
Aber die diskriminierungsfreie Ehe wurde nun und nur möglich, weil Angela Merkel nicht wollte, dass aus diesem Thema ein Wahlkampfthema werden könnte:
Nachdem die Grünen vor dem Bundesverfassungsgericht mit einem Eilantrag zur Abstimmung über die Öffnung der Ehe gescheitert war, erklärte die ehemalige Öko-Partei die Ehe für alle für die kommende Legislaturperiode als Koalitionsbedingung. FDP und SPD schlossen sich der Forderung an, ohne Ehe für alle keinen Koalitionsvertrag schließen zu können. Angela Merkel, die noch im Bundestagswahlkampf 2013 betont hatte, dass sie Schwierigkeiten mit der Ehe für Homosexuelle habe, antwortete am Montag (26.6) bei einer Veranstaltung der Zeitschrift Brigitte, über dieses Thema könne später als eine Gewissensentscheidung ohne Fraktionszwang abgestimmt werden.
Stefan Niggemeier bezeichnet diesen Pragmatismus merkelscher Prägung als respektlos gegenüber dem Wähler. Angela Merkel hat bei der Ehe für alle keine Kehrtwende gemacht, sondern ist nur einen Schritt zur Seite gegangen: aus dem Weg [ spiegel.de].
Dafür müsse man ihr auch nicht dankbar sein. Keine fünf Sekunden, findet Frank Stauss [ frank-stauss.de ].
Nachdem Merkel im Mai mit Macron das Thema Europa von der SPD kaperte, revanchierte sich Martin Schulz mit einer zeitnahen Abstimmung. 623 der insgesamt 630 Parlamentarier waren zur Abstimmung gekommen. Grüne, Linke und SPD stimmten ebenso wie 7 Vertreter der CSU und 68 CDU-Abgeordnete dafür. Insgesamt stimmten 393 Abgeordnete für das Gesetz, das ab September 2017 in Kraft treten soll.
Dagegen waren 179 Abgeordnete aus der CDU, 46 von der CSU und die franktionslose Erika Steinbach.
Für mich ist die Ehe im Grundgesetz die Ehe von Mann und Frau und deshalb habe ich heute auch diesem Gesetzentwurf nicht zugestimmt.
[ Angela Merkel ]
In der Union folgte rund ein Viertel der Abgeordneten ihrer Position nicht. Darunter auch prominente Namen: Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen und auch Kanzleramtschef Peter Altmaier – ein enger Vertrauter der Kanzlerin – stimmten für die Liberalisierung. CDU-Generalsekretär Peter Tauber, Finanz-Staatssekretär Jens Spahn und Kulturstaatsministerin Monika Grütters befürworten die Ehe für alle ebenfalls [ tagesschau.de ].
Mehr noch als die aktuelle Abstimmung spricht das Verhalten bei der Stafbarkeit der Vergewaltigung in der Ehe über das Ehe-Bild in der CDU-CSU.
Erika Steinbach, Norbert Blüm, Volker Kauder, Peter Ramsauer, Theodor Waigel und Dagmar Wöhrl sowie noch weitere stimmten vor zwanzig Jahren am 15. Mai 1997 dagegen [ taz.de ].
Es mag ja sein, dass einige Politiker und Aktivisten ihr gesamtes Leben der Sache verschrieben haben. Aber wenn binnen einer Woche Entscheidungen herbeigeführt werden können, warum werden denn die anderen Probleme nicht mit derselben Geschwindigkeit und ebenfalls als Gewissensentscheidung durch das Parlament gebracht? R2G hätte in vielen Entscheidungen in den vergangenen vier Jahren eine Mehrheit gehabt. Diese Fragen sollen jedoch die Freude nicht schmälern über das Ergebnis: Am letzten Sitzungstag in der 18. Legislaturperiode haben die Abgeordneten mehrheitlich die sogenannte Ehe für alle beschlossen.
[ abgeordnetenwatch.de, Bild: flic.kr/p/WeCaPJ Some rights reserved ]
Die Ehe für alle muss noch durch den Bundesrat.
Dort wird sich NRW mit seiner frischen schwarz-gelben Koalition enthalten, obwohl sich FDP-Chef Christian Lindner auf die Aussage „keine Koalition ohne Ehe für alle“ festlegte. Sein Koalitionspartner sei dagegen. Zudem verweist er bei Twitter auf das Abstimmverhalten von Hessen (schwarz-grün) und Baden-Württemberg (schwarz-gelbe Landesflagge, aber grün-schwarze Regierung).
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