Hightech und Blech

Die Unerwünschten

Seit klar ist, dass Merz der nächste Bundeskanzler werden soll, verliert die Union in den sogenannten Sonntagsfragen

Sonntagsfrage. Seit wenigen Wochen ist klar: Friedrich Merz, der einst der Politik den Rücken kehrte, will im kommenden Jahr Bundeskanzler werden. Als Oppositionsführer im Bundestag fordert er eine deutlich restriktivere Migra­tionspolitik und will beginnend im Herbst 2025 mit einer Agenda 2030 die schwächelnde deutsche Wirt­schaft wieder in Schwung bringen.

Seit klar ist, dass Merz der nächste Bundeskanzler werden wird, verliert die Union in den sogenannten Sonntagsfragen. Vor einem Monat dotierte sie noch 4,5 Prozent-Punkte höher. Sie liegt jetzt 7 Prozent über ihrem Ergebnis bei der Bundestagswahl 2021: 31 Prozent. Die SPD liegt in Umfragen weit hinter der Union und entweder gleichauf oder knapp hinter der AfD bei 16 bis 17 Prozent.

Der SPD-Vorstand beschloß bei seiner zweitägigen Klausurtagung ein Strategiepapier für die Bundestagswahl. Darin wird ein besonderer Fokus auf die Wirtschaftspolitik gelegt. Das Strategiepapier sieht unter anderem Steuerentlastungen für fast alle Beschäftigten, einen Mindestlohn von 15 Euro und eine Kaufprämie für Elektroautos vor. Zudem soll die Schuldenbremse reformiert werden, was die Union aus der Opposition heraus ablehnt.

Die Grünen liegen knapp unter dem letzten Ergebnis. Prozentual verliert die FDP, was das BSW gewinnt. Aber dennoch können Grüne sicherlich noch weiteres Potential heben, wenn Themen rund um Transformation, nachhaltige Wirtschaft und auch nachhaltige Migration zusammen mit einem sozialem Klimaschutz in den Vordergrund rücken. Denn: 50 Prozent lehnen Friedrich Merz als Person ab. 50 Prozent lehnen auch Olaf Scholz als Kanzler ab. Vielmehr wünschen 45 Prozent eine Regierungsbeteiligung der Grünen und damit auch einen Bundeskanzler Robert Habeck.

Derzeit stecken noch alle ihre Verhandlungspositionen ab. Markus Söder will kategorisch nicht mit den Grünen. Merz will nur, wenn die sich ändern. Sprich: beide pokern auf einen – für die Grünen – teuren Kompromiss. Söder will Superminister werden. Merz will das Land führen wie ein Unternehmen. Mit Hire-and-Fire zwischen Arroganz und Größenwahn. Vernünftige Menschen wollen das nicht.

Andere wollen auch nicht ein zweites Mal von einer SPD enttäuscht werden, die einen Wahlkampf rund um Respekt und soziale Gerechtigkeit führt, und sich dann im Kanzleramt als zweite neoliberale Farbrichtung in der Ampel-Koalition aus SPD, FDP und Grüne entpuppt. Das Mindestlohn-Thema ist eine EU-Richtlinie, die vom SPD-Minister Heil schon längst in nationales Recht hätte überführt werden können. Warum also dafür noch einmal gewählt werden wollen?

Klar ist aber auch, dass Merz vieles fordert, was so in dieser Form gar nicht mit EU-Recht vereinbar wäre. Anderes wiederum dürften die meisten Menschen nicht zurückgedreht wissen wollen – Bürgergeld, etwa – oder: Atomkraft – oder, oder. Andererseits ist aber auch klar, dass grüne Positionen weder mit einer schwachen SPD noch mit einer starken CDU durchsetzbar sind, sondern nur mit starken Grünen, und zwar nur so.