Hightech und Blech

Apple Watch im Juni

Das Jahr der Watch: 2015. Die Apple Watch gibt es jetzt seit einem Monat. Die Besteller der erste Welle sollten ihre Uhr von Apple erhalten haben. Die schwarze Edelstahl-Version und auch die Gold-Modelle gehören zu den letzten Lieferungen – ganz im Gegenteil zu den goldenen Promi-Mustern und den Exemplaren für Medien-Vertreter. Für Apple-Entwickler gibt es die helle Alu-Watch mit blauem Armband zum Sonderpreis. Im kommenden Monat Juni wird Apple Watch in die Apple Stores kommen. Mit Stand von heute kann man davon ausgehen, dass jeder, der eine Apple Watch hat haben wollen, sein persönliches Exemplar geliefert bekommen hat, denn Marktforscher beobachten einen starken Rückgang an Watch-Bestellungen bei Apple.

Was die Uhr von Apple kann, gibt es hinlänglich überall zu lesen. Die ersten Reviews der Vermarktungspartner folgen noch sehr der Apple-Präsentation und dem Reviewer’s Guide als Formulierungshilfe. Den zweiten Blick werfen engagierte Anwender und Kunden auf das Produkt. Sie finden heraus, dass Aktivitätsmessungen mit begleitendem iPhone ungenauer sind als ohne. Durch das ersten Update für Apple Watch ist es bereits behoben. Dafür wird vereinzelt der Herzschlag nicht mehr richtig erfasst.

Die einen sind begeistert, andere bereuen die Kaufentscheidung. Nach den ersten vier Wochen wagen sich auch die ersten an eine Art Zwischenbericht vom Smartwatch-Markt der Zukunft. Alex Olma, iphoneblog.de, sieht in der Apple-Uhr große Handwerkskunst im kleinen Format und ein Spannungsfeld:

Das iPhone räumte bekanntlich nicht den Telefonmarkt von oben auf, so wie anfangs vermutet, sondern zerriss den Computermarkt von unten. Apple Watch hat kein klares Feindbild, einen Markt, den es umkrempeln will. Apple Watch konkurriert mit traditionellen Uhren zwar ums Handgelenk, visiert aber eine Zielgruppe an, die – dank iPhone, keine Armbanduhr mehr trägt. [ iphoneblog.de ]

US-Technik-Guru Walt Mossberg hält die Uhr für ein unverzichtbares Utility.

For me, the three big winners among the watch’s functions were fitness, texting and paying for things and checking in at airports. All can be done on the phone, or indeed without digital devices at all. But I found that the Apple Watch made each easier and, in the case of fitness, more effective. [ recode.net ]

Und Mark Sullivan von venturebeat.com legt die Uhr wieder beiseite.

In the end, I decided that the Apple Watch doesn’t quite earn its place on my wrist. While I appreciate the elegant design of both the hardware and the software, I really don’t miss the Watch when I’m not wearing it.

Meiner Meinung nach geht es bei den Smartwatches nur vordergründig um das Handgelenk. Es geht darum, Technik und Sensoren dichter am Menschen zu platzieren. Der Wunsch nach Fitness und die Mühen zur Selbstoptimierung helfen der Industrie, Daten zu erheben. Der analysierte Tagesablauf der ersten Welt hat einen Wert. 25.000 US-Dollar. 25.000 £ oder 25.000 Euro. Denn die im großen Stil erhobenen Daten lassen Rückschlüsse zu, mit welchen Krankheitsbildern und welchen Zivilisationsleiden zwischen Demenz, Diabetis und Dickleibigkeit in Zukunft zu rechnen sein wird. Das ist die Motivation von IBM, die Daten aus der Activity-Cloud auswerten zu wollen.

Zum Zweiten geht es um den Bildschirm – und nicht um die Zeitanzeige. Apple Watch ist ein zusätzlicher Bildschirm, der – je nach Situation – helfen kann, auf Ereignisse wie Benachrichtigungen oder E-Mail zu reagieren. Beim iPhone geht es nämlich auch nicht um das Telefon sondern und den Bildschirm, der mit einem Browser ins Internet schaut und mit Apps und App-Store in die bunte Warenwelt eintaucht. Apple Watch bringt diese Warenwelt mit der Bezahlfunktion Apple Pay dichter an den Menschen. Zudem holt Apple Watch die Benachrichtigungen aus dem Internet an das Handgelenk.

Wie geht es weiter? Schwer zu sagen. Ich denke nicht, dass es eine Killer-Anwendung geben wird, die Apple Watch in ein unverzichtbares Stück Technik verwandelt. Akkus werden Schnellladefunktionen haben und binnen Sekunden induktiv laden. Sensorik und Software wird noch smarter werden in der korrekten Erfassung von Aktivitäten, Bewegungen und Workouts. Für den Anfang sollten Sensorik, Notifikation und Payment bereits genügen. Diese Anwendungen lassen sich auch anders realisieren. Zum Beispiel nur mit einem iPhone und einer App wie Moves oder mit anderen Sensoren wie Fitbit, Jawbone oder Misfit. Apple Watch ist kein Must-Have, allenfalls ein Nice-to-have. Ich kann mir gut vorstellen, dass die Apple-Uhr in zwei, drei Jahren noch sehr viel nicer wird.


Around the clock: Die Aktivitätsringe von Apple Watch sind eine gute Veranschaulichung für das Verhältnis von Zeit und Nutzen von bestimmten Geräten und wie uns diese Geräte über den Tagesablauf begleiten:
Der äußere Ring zeigt die Zeit mit iPhone oder/und Watch (mindestens 15h/Tag).
Der mittlere Ring zeigt die Zeit vor dem großen Bildschirm am Desktop (netto 6h pro Tag).
Der innere Ring zeigt die Zeit mit iPad oder vor dem TV-Gerät (je rund 3h pro Tag).