Zwischen Apple und Google wird der Ton rauer: Eric Schmidt verlässt Apples Aufsichtsrat, Google Voice darf nicht in den App Store, erscheint nun aber als Web-Applikation. Die erwachte Angriffslust verdeutlicht erst, wie ruhig und gesittet es zuvor zwischen den beiden Firmen zuging. Mehrere Quellen belegen: Die zwei Firmen hatten eine Art Nichtangriffspakt geschlossen und arbeiteten in vielen Fragen Hand in Hand zusammen – so eng, dass sich auch die Justiz für die Verquickungen interessiert. Nach und nach geht dieser Zweckgemeinschaft allerdings die Daseinsgrundlage verloren.
Absprachen und Verquickungen
Es ist schon etwas besonderes, wenn sich zwei Firmen konkurrierende Produkte noch vor der Markteinführung zeigen. Im Falle Googles ist vor über einem Jahr genau dies geschehen: Der Android-Entwickler hatte Apple das erste Handy mit seinem Betriebssystem vorab gezeigt, Apples Rechtsabteilung sollte dessen Technik begutachten und absegnen, weil man etwaige Patentklagen vermeiden wollte. Dieser Prüfung fiel beispielsweise die Bedienung des HTC G1 mit mehreren Fingern zum Opfer – das iPhone konnte dies bereits.
TechCrunch kann nun weitere Absprachen belegen: Sie sehen oder sahen vor, dass die Unternehmen einander keine Fachkräfte abwerben. Nicht nur im Fußball, auch in der Technik-Branche ist dies ansonsten Usus. E-Mail, die TechCrunch vorliegt, weist auf die unübliche Regelung hin: „Google hat eine Absprache mit Apple, wir werben aktiv keine Mitarbeiter ab.“ Es handle sich dabei um eine mündliche Absprache zwischen den Unternehmen.
Neue Wege für Google: An Apple vorbei
Das iPhone ist Apples goldenes Kalb und so tanzte Google lange Zeit nach Cupertinos Pfeife: Die Arbeit an Google Latitude als iPhone-App hat der Internet-Riese angeblich auf Wunsch Apples eingestellt. Google Voice hat Apple in letzter Minute nicht in den App Store gelassen, Kritiker vermuten den US-amerikanischen Netzbetreiber AT&T als Drahtzieher, der diese Entscheidung verlangt haben soll. Seit Ende Juli untersucht die FCC den Fall, die Zulassungsbehörde für Kommunikationsgeräte in den USA.
Inzwischen allerdings weiß sich Google auch selbst zu helfen: Sowohl Google Latitude als auch Google Voice gibt es nun doch fürs iPhone, wenn nicht als native Apps, so wenigstens als Web-Applikationen.
Google scheint gewillt, sich dem Einfluss Cupertinos von nun an geschickt zu entziehen. Wave, Googles hochgelobtes Kommunikationswerkzeug der Zukunft, soll ebenfalls als Web-Applikation folgen.
Entirrungen- und -wirrungen: Im Angesicht neuer Wettbewerbe
Laut einem Artikel der Washington Post von Anfang Juni interessiert sich das amerikanische Justizministerium bereits seit einiger Zeit für die Freundschaft zwischen Google und Apple: Zu eng, fürchtet man dort, ist diese Verzahnung – Kritiker sprechen von Rechtsbruch und die Behörden ermitteln. Dass Unternehmen einander Fachkräfte abwerben dürfen, ist im Sinne eines freien Arbeitsmarktes unabdingbar. Selbst wenn Google und Apple nur wenig Lust haben sollten, den Ton weiter zu verschärfen: Die amerikanischen Behörden sind offenbar gewillt, nachzuhelfen, wenn es denn sein muss.
Spätestens mit der Ankündigung des kommendem Betriebssystem Chrome OS allerdings ist die Konkurrenz zwischen Google und dem Entwickler von OS X allerdings derart gewachsen, dass sich das Problem einer allzu harmonischen Freundschaft ohnehin von selbst erübrigen dürfte. Welche Pläne noch zu einem Interessenkonflikt zwischen den beiden Firmen führen könnten, lässt sich derzeit nur spekulieren – falls Apple tatsächlich in irgendeiner Weise den E-Book-Markt beträte, stünden Google und Apple ebenfalls in direkter Konkurrenz. Der Rückzug Schmidts aus Apples Aufsichtsrat ist dafür nur ein weiteres Indiz.
Wie eng die Zusammenarbeit zwischen Google und Apple derzeit noch ist, lässt sich vor dem Hintergrund dieses Rücktritts nicht sagen. Die genannten Dokumente, die die Absprachen zwischen den Unternehmen belegen, gehen allerdings alle auf die Zeit zurück, da der Google-Chef noch in Apples Aufsichtsrat saß.
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