tech

Anonymität in Datennetzen ist Utopie

Privatsphäre Wer telefoniert oder im Internet surft, hinterlässt eine breite Spur aus Informationen. Dazu zählen zwar fast nie Inhalte von Telefonaten oder E-Mails. Einzelne Schritte durch die digitalen Netze werden aber dennoch an vielen Stellen aufgezeichnet – zunehmend auch, um gezielt Profile von Nutzern zu speichern, stellt Harald Kelter vom Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) in Bonn fest. Die erhobenen Daten lieferten ein den Menschen in seinen täglichen Gewohnheiten recht genau beschreibendes Bild. Schon wer sich per Modem oder ISDN-Karte ins Internet einwählt, hinterlässt Spuren. Wir protokollieren die Daten, die wir zur Berechnung brauchen, sagt Michael Schlechtriem, Sprecher des größten deutschen Internetproviders T-Online. Das Unternehmen mit Sitz in Darmstadt speichert neben dem Benutzernamen die Einwahlzeit, Surfdauer und Tarifart. Diese Daten werden gemäß den Datenschutzbestimmungen 80 Tage lang aufbewahrt, sagt Schlechtriem. Während diese Daten für eine korrekte Rechnung nötig sind, gibt es andere Mechanismen, mit denen möglichst viel über einzelne Nutzer herausgefunden werden soll. Möglich ist das laut Kelter etwa mit Cookies. Diese kleinen Dateien, die auf der Festplatte gespeichert werden, erlaubten, das Verhalten von Internetnutzern aufzuzeichnen und machten den heimischen PC von außen wiedererkennbar. So lasse sich ein virtuelles Bewegungsprofil des Nutzers erstellen. Ein Mittel dagegen ist, Cookies abzuschalten, sagt Michael Dickopf, Sprecher des BSI. Seine Behörde warnt auch vor Web-Bugs: Hierbei handelt es sich um kleine Bilder, die in eine Seite eingebettet und wie Cookies nur von bestimmten Servern ausgesendet werden. Hilfreich seien deshalb Zusatzprogramme, die die kleinen Bilder herausfiltern. Aus dem mit Web-Bugs und Cookies erzeugten Bewegungsprofil allein kann normalerweise niemand auf die Identität des Surfers schließen. Allerdings arbeiten laut BSI in den USA Firmen daran, Surfdaten mit Namen und Adressen der Nutzer zu verbinden. Im Ergebnis entstünden sehr genaue Datensätze über Vorlieben und Abneigungen der Bürger. Solche Daten werden gehandelt, heißt es beim Bundesdatenschutzbeauftragten. Dessen Sprecher Peter Büttgen rät Internetnutzern aus diesem Grund, beim Surfen auf die Privacy policy zu achten. Diese Hinweise sollten auf Homepages stehen und erklären, wie Inhalteanbieter mit den Nutzerdaten umgehen. Zu den sensiblen Daten gehört neben dem Surf-Verhalten auch die eigene Telefonnummer. Viele Kunden der Telefongesellschaften legen ausdrücklich fest, dass ihre Nummer nicht an andere Teilnehmer übertragen wird. Laut Harald Kelter kann dieser Wunsch auch umgangen werden. So besäßen Polizei und Feuerwehr spezielle Telefonanschlüsse, bei denen alle Rufnummern immer angezeigt werden. Von der erzwungenen Rufnummernanzeige könnten auch private Call-Center profitieren. Bei Versandhäusern etwa erschienen dann zusammen mit den Anrufen die Kundendaten auf dem Bildschirm. Das ist nicht zulässig, sagt Datenschützer Büttgen. Gleichwohl sei schwer zu erkennen, ob der Datenschutz verletzt wurde. Telefon- und Internetnutzern, rät er deshalb, ihr Recht auf informationelle Selbstbestimmung wahrzunehmen: Jeder hat ein umfassendes Auskunftsrecht gegenüber der Stelle, von der er annimmt, dass sie personenbezogene Daten von ihm hat.

Weiterführende Informationen
BSI-Studie
Bundesbeauftragter für den Datenschutz
Chaos Computer Club

Kommentare sind geschlossen.

Powered by WordPress. Designed by Woo Themes

%d Bloggern gefällt das: